Nach dem also am 14. Januar der Grundstein meiner Sportler Karriere, mit einem ersten Besuch im Schwimmbad gelegt war, galt es nun das Programm kontinuierlich zu steigern. Mir wurde schnell klar, das ich mit zweimal pro Woche schwimmen auf keinen grünen Zeig kommen würde, also beschloss ich die Schlagzahl zu erhöhen. Extreme Situationen bedürfen extremer Maßnamen! Zu meiner großen Freude, denn ich war noch nicht soweit das ich alleine konsequent gewesen wäre, entschloss sich meine Mutter, ab sofort jeden Morgen mit mir zusammen schwimmen zu gehen. Das war eine unerwartete Unterstützung. Dazu muss ich sagen, dass wie wahrscheinlich die meisten Mütter-Töchter Beziehungen, auch unsere nicht frei von Komplikationen ist. Wir sind beide leidenschaftliche und dominante Menschen, die gerne anderen erklären wollen, wie die Welt funktioniert und das auch oft gegen deren Willen
Man kann sich also vorstellen, was passiert wenn zwei Menschen mit einem so ähnlichen Charakter aufeinander treffen…. Richtig, wir streiten viel! Naja, aus sicht meiner Mutter (Sie nennt mich gerne mal Stalin) tendiere ich dazu sie bevormunden zu wollen und zugegebener maßen, sagt auch unser Umfeld, welches uns in Aktion erlebt, das ich meine Mutter ziemlich oft anbrülle. Wobei man sich das eher wie bei einer Italienischen Familie Vorstellen muss…. sprich wir und ja, insbesondere ich, brüllen uns oft und viel an, aber mit Liebe und auch einer Menge Humor. Ich liebe meine Mum, aber es kann mich auch niemand besser auf die Palme bringen als sie.
Aber das gemeinsame schwimmen gehen verändert viel zwischen uns. Jeden Morgen treffen wir uns um 7 Uhr und spazieren zum Schwimmbad. Wir lachen sehr viel, denn wir beide gelten in unserer Welt als die personifizierten Anti-Sportler. Darum stellen wir uns immer vor, was unsere Freunde wohl denken, wenn sie unseren Sinneswandel mitbekommen. Und meine Mutter schafft das unmögliche, sie gibt dieser so ermüdenden Routine, eine entspannte Note. Sie führt ein, dass wir nach dem Schwimmen, erst mal in Ruhe ein bis zwei Milchkaffee trinken. Der Kaffeeautomat im Agrippabad ist erstaunlich gut und weil wir auch immer hungrig nach der Wasserschlacht sind, packe ich jeden Tag Bananen für uns ein. Und so sitzen wir dort jeden Morgen mit unserem liebgewonnen Ritual und kommen uns immer näher. Anfangs bestehen unsere Unterhaltungen primär aus gegenseitiger Lobhudelei , wir sind so fertig und Müde, das wir uns immer erst mal aufbauen müssen und so versichern wir uns täglich, das wir einfach die aller, aller geilsten sind. Aber nach und nach entstehen Gespräche in einer Form wie wir sie sicher seid Jahren nicht mehr geführt hatten. Wir reden in Ruhe miteinander und hören uns auch wieder richtig zu. Keiner versucht den anderen unterzubuttern, sondern wir fangen an uns konstruktiv miteinander auseinander zusetzen. Ich frage mich noch immer, ob uns das schwimmen einfach so platt gemacht hat, das wir keine Kraft mehr hatten uns gegenseitig anzubrüllen oder ob der gemeinsame Sport uns zusammengeschweißt hat? So oder so, es hat uns verdammt gut getan
Die Kehrseite der Medaille ist, das der tägliche Sport eine Emotionale Achterbahnfahrt wird. An manchen Tagen denke ich, das es klick gemacht hat und ich jetzt richtig drin bin, den Muskelkater im Griff habe und überhaupt die Olympischen Spiele nur noch eine Frage der Zeit sind. Aber da sind auch viele dunkle Tage, wo alles in meinem Kopf schreit, dass ich mit dem Scheiß endlich aufhören und es mir wieder bequem machen soll. Oft möchte ich weinen und in die Welt raus schreien, dass ich Müde bin und nicht mehr kann. Aber das schrieb ich damals nicht auf meiner FB Seite, denn ich habe Angst das wenn ich dort zuviel jammere, jemand sagen wird „Du bist es doch selber schuld“ und das will ich nicht hören. Zwar weiß ich das es stimmt, aber es täte zu weh es von anderen gesagt zu bekommen. Manchmal reicht es, wenn man es selbst weiß. Ich wollte gerne Stark und fröhlich wirken und denke das ist mir gut gelungen, aber die Realität war eine andere.
Mein ganzer Körper wehrt sich gegen das auf erzwungene Sportprogramm, er rächt sich dafür, dass ich ihn 25 Jahre lang mehr oder weniger ignoriert habe. Muskelkater ist mein ständiger Begleiter, meine Haare werden stumpf, denn ich hasse Badekappen und mag auch nicht schwimmen ohne zu tauchen, das hat seinen Preis.
Das schlimmste ist aber meine Haut, sie wird trocken und bekommt rote Pickelchen. Für mich mal wieder eine Katastrophe, denn schon meine Großmama sagte immer zu mir, wenn Du schon so viel Haut hast, dann sollte diese zumindest perfekt gepflegt sein. Wahrscheinlich war ich der einzige Säugling, der sich freiwillig selber den Arsch eingecremt hat. Für meinen inneren Schweinehund Satan (merkt Euch den Namen, denn ich werde noch häufiger von ihm sprechen und es wäre schön wenn ihr dann nicht denkt das ich eine Teufelsanbeterin bin) sind das alles Zeichen, das mir Sport nicht gut tut und er zerrt permanent an seiner Leine. Aber ich will mich nicht davon ausbremsen lassen, also probiere ich eine Menge neuer Haarpflegeprodukte aus, bis ich endlich ein Öl finde, welches ein wenig Glanz in mein ergrauendes Haar zurück bringt. Nach einigen Versuchen finde ich auch endlich eine Hautcreme, die zum einen meinen Hintern wieder in einen knackigen Pfirsich (ja… ein ziemlich großer Pfirsich ) verwandelt und gleichzeitig den Chlorgeruch, der selbst nach dem Duschen an mir zu haften scheint, wunderbar verschwinden lässt. Aber es bleibt schwer, täglich versuchen wir die Anzahl der Bahnen zu erhöhen und irgendwann geht es dann auch um die Zeit. Ich will immer schneller werden. Gleichzeitig bin ich aber in den ersten Wochen, nach dem schwimmen so müde, das ich es nur mit Mühe und Not schaffe, das nötigste in meinem restlichen Leben zu erledigen. Ich verbringe viel Zeit mit dem lesen von allen möglichen Ernährungsbüchern und ich denke verdammt viel nach.
Für mich ist das tägliche Schwimmen zu einer Art Eignungstest geworden. Wenn ich es schaffen würde das konsequent durch zu ziehen, würde ich mich in einem Fitness Club anmelden.
Ich hatte schon so vielen meiner Freunde dabei zugesehen, wie sie viel Geld dafür ausgaben Karteileichen zu sein und das wollte ich für mich vermeiden. Auch wäre ich ohne eine Art Warm Up, sicher nicht in der Lage auch nur eine halbe Stunde in solch einem Etablissement zu überleben. Wenn man nach 50 Bahnen schwimmen vor Erschöpfung fast kotzt, sieht man die sportliche Zukunft mit etwas realistischeren Augen, als zuhause vom Sofa aus.
Ihr könnt es Euch ja denken, denn sonst würde ich hier jetzt nicht schreiben, ich habe mich zu den angestrebten 80 Bahnen hochgearbeitet.
Aber das ist erst der Anfang… 😉