Zu so einem Termin geht man Natürlich mit einer gewissen Erwartungshaltung, wenn man gerade acht Wochen schweißtreibendes Training hinter sich hat. Da bin ich wirklich keine Ausnahme und das obwohl ich immer bemüht bin, das was ich tue und was mit mir passiert, mit realistischen Augen zu betrachten.
Ich hatte also, in der mir eigenen bescheidenen Art, eine kleine Parade, Jubelrufe des gesamten Trainingspersonals, Konfetti und eigentlich auch noch „Sie lebe Hoch!“ Rufe der anderen Mitglieder erwartet. Schließlich will jemand der sich wie ein Held fühlt, auch wie ein Held gefeiert werden.
Aber das Leben ist kein Wunschkonzert, hier also was wirklich passierte.
Ich, die ich eigentlich immer überpünktlich bin, komme Schweißgebadet und vollkommen aus der Puste um 10:05 Uhr im Club an. Ich hatte wegen meiner Tagträume über die Jubelfeier die gleich für mich stattfinden würde, die Zeit vollkommen vergessen und musste dann fast den gesamten Weg zum Schwimmbad im Laufschritt zurücklegen. Aber stellt Euch das mal vor, ich im Laufschritt??? Das wäre vor Drei Monaten noch absolut undenkbar gewesen und alleine dieses Erlebnis ist für mich berauschend. Früher hätte ich einfach abgesagt, weil ich gewusst hätte, das ich es 1. Nicht pünktlich schaffe und 2. Sollte ich es schaffen, sofort ein Beatmungsgerät brauchen würde und Training sowieso undenkbar wäre.
Jetzt war ich also angekommen, aber der glamourösen Auftritt – Slowmotion: ich mit lässigem Schritt, sexy wehendem Haar und einem Coolen Lächeln auf dem Lippen – aus meinen Tagträumen, naja, das hat nicht so richtig geklappt… Statt dessen stehe ich Atemlos am Empfangstresen, suche Verzweifelt meine Mitgliedsausweis um einzuchecken. Verständlicherweise bin ich etwas hektisch, darum fällt auch meine gesamte Tasche runter und verteilt den Inhalt fröhlich im gesamten Empfangsbereich. Mit solchen Taschen ist es ähnlich wie mit dem berühmten Marmeladenbrot, das immer auf die „beschmierte“ Seite fällt, wenn es fällt. So ist es dann auch mit meiner Sporttasche und darum sehe ich auch erst nachdem ich alles wieder ordentlich eingepackt habe, das meine Wechselunterwäsche bzw. mein Höschen (ja so nenne ich sie, auch wenn es eine amtliche Größe hat und ich verbitte mir jegliches Schmunzeln darüber. Frau braucht schließlich ein paar Illusionen und wenn es nur über die Größe Ihrer Unterwäsche ist) einsam und allein zwischen den Bistrotischen liegt. Und weil ich ein naturgegebener Glückspilz bin, sind die Tische alle voll besetzt, was sonst so gut wie nie der Fall ist. Also Atme ich tief durch und versuche schnell aber würdevoll zwischen die Tische zu krabbeln und das gute Stück in Sicherheit zu bringen. Vielleicht ist Gott eine Frau oder aber auch Übergewichtig und darum voll des Mitgefühls. Auf jeden Fall kann ich sie in letzter Sekunde an mich reißen, bevor ein älterer Herr es schafft sich zu bücken um sie zu inspizieren. Ich vermute, dass er dachte, dass eine der Damen ihren Stola hat liegen lassen An dieser Stelle möchte ich kurz der Unterwäschen Industrie Danken, das sie schöne Spitzenunterwäsche in großen Größen herstellt und meiner Mutter, das sie mich immer dazu ermahnt hat, darauf zu achten, dass ich schöne Unterwäschen trage
Weiter im Takt! Auf dem Weg zur Umkleide treffe ich dann auch prompt auf Phil, meinen Sportgott. Da steht er, frisch wie der Frühling mit meiner Trainingsakte in seiner Hand und strahlt mich an.
„Ich sehe mir gerade an wie fleißig Du warst. Komm einfach gleich nach vorne wenn Du fertig bist“ Wie Bitte??? Sollte das etwa alles gewesen sein? Wo war meine Parade, die Jubelrufe oder wenigstens ein wenig Konfetti? Ok, anders als erwartet, aber könnte ja noch werden. 5 Minuten später, frisch umgezogen Sitze ich ihm gegenüber und wir fangen an.
Ihr ahnt es, die Parade blieb aus und das ist auch gut so, denn zum Feiern ist es bei weitem noch zu früh! Hier also der Realität‘s Check: Ich hab vor 8 Wochen, mit 147 Kg und davon 53% Körperfett, angefangen. Heutiger Stand: 137 Kg und 50% Körperfett, wobei mir Phil erklärt hat, das diese verlorenen 3% Körperfett ungefähr 7 Kg Fett entsprechen. Das finde ich ernsthaft ermutigend!
Trotzdem, ist das ein weiterer Beweis für mich, dass der Aufbau von Übergewicht wie die Fahrt auf einer Rolltreppe ist, auf der man auch noch Snaks serviert bekommt. Der Abbau allerding kommt einer Wanderung in der Sahara gleich, wo weit und Breit kein Tropfen Wasser in Sicht ist. Also ein ziemlich ätzender Trip
Aber es geht ja nicht nur ums Abnehmen, sondern auch ums fitter und gesünder werden. Und an der Front ist dann auch Phil ziemlich beeindruckt. Mein Blutdruck ist prächtig und auf dem Trimm Rad kann ich 17 Minuten mit einer Steigerung von 25 auf 175 Watt strampeln, bevor mein Blutdruck die 150 erreicht. Aber auch hier keine falschen Illusionen, das ist immer noch UNTERDURCHSCHNITTLICH Fit. Aber für mich und anschenend auch für Phil, ist es ein kleiner Quantensprung. Denn 8 Wochen zuvor hielt ich es nur 5 Minuten bei 50 Watt durch, bevor mein Puls raste. So habe ich mich jetzt von einer tiefen Stufe 9 auf eine hohe Stufe 8 in der Tabelle der Fitness Hoch gearbeitet. Allerdings werde ich auf dieser Tabelle erst ab Stufe 6 überhaupt als Fit gelten. Mein Hausarzt ist auch sehr zufrieden mit mir, denn die Ergebnisse meines Bluttests sind mehr als erfreulich. Alle Werte sind fast wieder normal. Früher als von ihm und mir erwartet. Ich vermute dass eine gesunde Ernährung und ein sehr reduzierter Alkoholkonsum das Ihre dazu beigetragen haben und mein Arzt grinst mich an und sagt „oder auch vielleicht ihr zwingender Wille?“ und lacht.
Ihr versteht jetzt also, warum es noch zu früh ist für die Parade und das ich immer noch am Anfang stehe. Ich vermute, dass wenn Ihr hier meine Geschichte lest, der Eindruck entsteht, dass ich wie ein Leistungssportler agiere und für mich fühlt es sich auch so an. Auch ist es ähnlich Zeitintensiv, aber eben trotzdem auf einem ganz kleinen Kraftlevel. Aber ich fühle mich trotzdem an vielen Tagen wie Wonder Woman und das fühlt sich gut an, denn zum ersten Mal, tue ich etwas nur für mich ganz allein!
Und noch etwas fühlt sich gut an. Auch wenn Phil mich nicht überschwänglich bejubelt hat, so ist doch etwas anderes und eigentlich auch viel Besseres passiert. In seinem Blick ist jetzt aufrichtiges, statt höffliches Interesse. Er hat gemerkt dass ich es ernst meine und darum nimmt er mich jetzt auch richtig ernst. Es fühlt sich plötzlich an, als wären wir Verbündete in meinem Kampf.
Ein Verbündeter ist besser als jede Parade … 😉